Was tun, wenn der Umsatz im Vergleich zum Vorjahr wesentlich höher ist, aber der Gewinn einbricht?

Ein Praxisbeispiel

Als externer Controller in einem Produktionsunternehmen stellte ich fest, dass gegenüber dem Vorjahr zwar rund 25 % mehr Umsatzerlöse durch Verkäufe in Übersee erzielt wurden, der Gewinn jedoch um mehr als 60 % zurückgegangen war. Auch war direkt in der BWA zu erkennen, dass der Rohertrag zurückgegangen war, im Umkehrschluss sich also der Wareneinsatz erhöht hatte. Bei einer ersten Kalkulations- kontrolle stellte ich fest, dass für den längeren Transport ein Teil der teureren Verpackung im Preis nicht enthalten war. Auch waren die Kosten der Warenabgabe in der BWA umsatzbezogen nur leicht höher als im Vorjahr, da man durch eine größere Abnahmemenge eine Preisreduzierung aushandeln konnte. Dies machte jedoch "nur" knapp 8 % des Gewinnrückganges aus. Was war mit den Material- kosten, was mit dem Wareneinsatz passiert?

Eine Auswertung der verkauften Produkte ergab, dass Massenware mit geringerer Marge verkauft wurde. Erst eine Vollkostenrechnung und Deckungsbeitragsrechnung zeigte, dass in der Kalkulation ein Teil der variablen und auch fixen Kosten nicht an den Kunden weitergegeben wurde und man mit veralteten Materialpreisen kalkulierte. Somit war zunächst das Problem erkannt, doch wie sahen die möglichen Maßnahmen aus?

Die Preise einfach angemessen zu erhöhen, wäre eine Möglichkeit gewesen. Dies hätte jedoch eine starke Abwanderung der Kunden zum Wettbewerb zur Folge gehabt. In einem Meeting aller leitenden Mitarbeiter (Produktion, Verkauf, Geschäftsführung, Verwaltung) wurde eine Kommunikationsstrategie für den Zusatznutzen der Kunden entwickelt, mit der die Preiserhöhung gerechtfertigt werden konnte.

Von der Problemanalyse bis zur Preiserhöhung dauerte der Prozess etwa zwei Monate. Nach der Preiserhöhung betrug das Umsatz- wachstum zwar "nur" noch 18 %, da ein Teil der Kunden die Preiserhöhung nicht akzeptiere und zum Wettbewerb abwanderte, aber der Gewinn konnte um rund 30 % erhöht werden. Anschließend wurden alle Produkte neu kalkuliert und die Preise langsam nach oben angepasst. Den Verkaufsmitarbeiterinnen und -mitarbeitern wurden bei den "Margenbringern" höhere Provisionen angeboten, sodass der Verkauf dieser Produkte gefördert wurde.

Der Gewinn des Unternehmens konnte auch durch diese Maßnahme langsam, aber deutlich gesteigert werden.

zurück